Die Reputation von CEOs und Führungskräften spielt eine wesentliche Rolle für das Vertrauen der Stakeholder in ein Unternehmen, die Motivation der Mitarbeitenden und letztlich auch für den wirtschaftlichen Erfolg. Die Frage, wie diese Reputation, verstanden als aggregiertes Wahrnehmungsurteil der Anspruchsgruppen, gestärkt werden kann, ist eine zentrale Frage in meiner Tätigkeit als Sparring Partner von Führungskräften und Verwaltungsräten. Es liegt auf der Hand, dass diese Diskussion immer im Kontext der Reputation der gesamten Organisation zu führen ist. Und diese bildet sich bekanntlich aus einer Unzahl von Wahrnehmungspunkten, sei dies ein überzeugender Auftritt des CEOs, ein ungeschickter LinkedIn-Post des Marketingleiters, eine wirkungsvolle Werbekampagne oder eine frustrierende Erfahrung mit dem Call Center.
In der Arbeit mit Führungskräften geht es in einem ersten Schritt darum, zu definieren, über welche Themen und Werte sich eine Führungskraft positionieren möchte. Der Rahmen für diese Denkarbeit bilden die Unternehmensstrategie, die Unternehmenswerte und die Persönlichkeit und Werte der Führungskraft. Natürlich ist die Themenpalette heute viel breiter als früher: Während sich ein CEO früher auf rein betriebswirtschaftliche Themen fokussieren konnte, wollen Anspruchsgruppen – insbesondere Mitarbeitende, Investoren und NGOs – heute erfahren, wie das Unternehmen in Bezug auf Umweltfragen, soziale Verantwortung und Corporate Governance agiert. Dies heisst nun aber nicht, dass sich ein CEO zu allen brisanten gesellschaftlichen Themen äussern muss, nur weil dies von einer einflussreichen NGO lauthals gefordert wird.
Die digitale Welt ist ein zweischneidiges Schwert
Gerade die digitale Welt ist ein zweischneidiges Schwert, wenn es darum geht, die Reputation von Führungskräften aufzubauen. Einerseits bietet sie unvergleichbare Möglichkeiten zur Positionierung und enorme Chancen für Branding, Mitarbeiterbindung und Kundennähe. Andererseits bergen digitale Plattformen Risiken, die nicht unterschätzt werden dürfen. Innert Kürze kann ein nicht durchdachter Post einen digitalen Shitstorm auslösen, der sich rasch negativ auf die Reputation der Führungskraft und des Unternehmens auswirkt. Beispiele dazu gibt es zur Genüge.
Physische Präsenz gewinnt in einer Welt mit digitalen Fake-Inhalten an Bedeutung
Vor lauter Euphorie über die Vorteile digitaler Kanäle gerät manchmal eine angemessene physische Präsenz in Vergessenheit. Und dies, obwohl wir alle wissen, dass es die direkten Kontakte mit Mitarbeitenden, Investoren und Journalisten sind, die eine Vertrauensbasis und emotionale Verbindungen schaffen können. Digitale Plattformen haben diesbezüglich eindeutig das Nachsehen. Und bei Auftritten geht es natürlich nicht nur um das, was explizit gesagt wird. Wir Menschen beurteilen die Wirkung und die Glaubwürdigkeit einer Aussage viel stärker mittels nonverbalen und paraverbale Kriterien. Gerade so wichtig wie einen Content-Plan für digitale Kanäle wie LinkedIn ist es daher, die Aufritte an Anlässen mit Mitarbeitenden, Investoren und Business Partnern strategisch zu planen und vorzubereiten. Überdies hat das Aufkommen von KI-generierten Inhalten, einschliesslich Fotos und Videos von nicht realen Menschen, die Bedeutung der physischen Kommunikation weiter gesteigert.
Kongruentes Handeln bleibt der Schlüssel zur Glaubwürdigkeit
Es gibt aber etwas, das sich auch unabhängig von den neuen digitalen Möglichkeiten nicht ändern wird: Reputation wird immer nicht primär auf dem basieren, was gesagt und gepostet wird, sondern vor allem darauf, was und wie etwas getan wird. Kurzum, die Handlungen eines CEOs müssen seine Worte widerspiegeln. Nur die Kongruenz zwischen Aussagen und Handlungen kann die Glaubwürdigkeit, die Authentizität und somit die Reputation stärken. Beispiele erfolgreicher CEOs zeigen, dass jene, die nach ihren Aussagen handeln, eine stärkere und nachhaltigere Reputation haben. Dies wusste auch schon der griechische Philosoph Demokrit, der gesagt hatte: «Taten beweisen, wer wir sind, Worte nur, was wir sein möchten.» Eine Unternehmenskultur, die eine offene und selbstkritische Kommunikation innerhalb und zwischen den Führungsgremien über Diskrepanzen zwischen Aussagen und Taten fördert, stellt daher zweifellos einen erheblichen Wettbewerbsvorteil dar. Leider gibt es in der Schweizer Wirtschaft – gerade auch in der jüngsten Vergangenheit – immer wieder dramatische Beispiele dafür, was passiert, wenn eine solche Kultur fehlt und die Reputation kontinuierlich erodiert.
Daniel Piller, Partner